„Es gibt sicher viele Hunderte, wenn nicht Tausende Kunstwerke aus dem Europa nördlich der Alpen, aber auch aus Italien, und aus Spanien auch sehr viele, die direkt auf Drucke von Schongauer zurückgehen, manchmal die ganze Komposition, manchmal auch nur eine Figur“, sagte Stephan Kemperdick, Kurator an der Gemäldegalerie Berlin, 2016 in einem Interview.
Bezüglich der Wirkung Martin Schongauers auf andere Künstler werden im Folgenden neben einigen bekannten eine Reihe von vergleichsweise unbekannten norddeutschen Beispielen aus den Gattungen Grafik, Malerei und Skulptur im Mittelpunkt stehen. Dabei richtet sich der Blick auch auf den Umgang von Künstlern mit den grafischen Vorbildern.
Das einzige bekannte Porträt, das mit einiger Sicherheit Martin Schongauers zeigt, stammt von Hans Burgkmair dem Älteren (Abb. 1). Es handelt sich um ein etwa 1510/15, also nach dem Tod des Dargestellten gemaltes Bildnis. Ihm liegt ein älteres, wohl um 1483 entstandenes Porträt zugrunde, worauf die Jahresangabe „1483“ verweist.
Martin Schongauer wurde um 1445 vermutlich in Colmar als einer von fünf Söhnen des wahrscheinlich aus Augsburg stammenden Goldschmieds Caspar Schongauer geboren. Der Vater war seit 1440 Bürger und seit 1445 Ratsmitglied der Stadt Colmar, hatte also eine gehobene soziale Position inne und darf durch Grundbesitz in der Stadt als wohlhabend gelten.
Ebenso wie seine Brüder Caspar, Paul, Jörg (Georg) und Ludwig wurde der junge Martin durch den Vater mit dem Goldschmiedehandwerk vertraut gemacht, das heißt mit der Bearbeitung von Metallen, die höchstmögliche Genauigkeit und Präzision erfordert. Ob er eine regelrechte Goldschmiede-Ausbildung erfuhr, ist nicht bekannt. In seinem späteren künstlerischen Schaffen jedenfalls sollte die Bearbeitung von Metall – in Form von 116 Kupferstichen – eine zentrale Rolle spielen.
Seine Herkunft ermöglichte dem jungen Martin Schongauer ein akademisches Studium: Er immatrikulierte sich 1465 an der Universität Leipzig. Wie lange das Studium dauerte, ist nicht bekannt; es kann aber nicht allzu lang gewesen sein. Denn es scheint, als habe er bis 1470 eine Lehre als Maler absolviert und sei – wie es während der Ausbildung zum Künstler üblich war – als Geselle auf Wanderschaft gegangen, und zwar in die Niederlande. Bei welchem Meister Schongauer gelernt hat, ist nicht dokumentiert: Während die ältere Forschung eine Lehre bei Caspar Isenmann oder Jost Haller am Oberrhein vermutete, geht die aktuelle aufgrund von Malweise, Stil und Motivik von einer Ausbildung bei Hans Pleydenwurff in Nürnberg aus.
Seit 1470 war Martin Schongauer in Colmar ansässig, denn er wird dort mehrfach in Quellen erwähnt – unter anderem erwarb er hier zwischen 1471 und 1477 vier Häuser. Von 1486 bis zu seinem Tode am 2. Februar 1491 lebte er überwiegend in Breisach, wo er das Jüngste Gericht als Wandmalereien in der Westhalle des Münsters ausführte (Abb. 2). Sie sind das anspruchsvollste Werk Schongauers und zugleich das am schlechtesten erhaltene.
Martin Schongauer begriff sich zeitlebens als Maler, erst in zweiter Linie als Zeichner und Grafiker, auch wenn vor allem sein druckgrafisches Werk ungleich folgenreicher war als das malerische. Die Zahl der überlieferten Gemälde ist gering: Das bekannteste ist die 1473 entstandene Madonna im Rosenhag in der Colmarer Dominikanerkirche St. Martin (Abb. 3).
Die ursprüngliche Komposition des verändert auf uns gekommenen Altarbildes überliefert eine um 1550 entstandene kleinformatige, heute in Boston aufbewahrte Kopie (Abb. 4): Das seitlich und oben beschnittene Altargemälde war ursprünglich rechteckig und stellte Maria in einer quadratischen Laube sitzend dar. Oberhalb der von Engel gehaltenen Krone waren der segnende Gottvater und die Taube des Heiligen Geistes, rechts und links der Laube freier Bildraum, in der unteren Partie ein blumenreicher Garten zu sehen.
Schongauer zeigt vor dem Goldgrund als Symbol des Himmlischen eine gleichermaßen körperlich präsente wie überirdisch entrückte Gottesmutter als große Gewandfigur mit lebendigem Gottessohn. Dem Typus der Madonna dell‘umiltà, der demütigen Maria angehörend, sitzt sie auf einer Rasenbank vor dem Rosenspalier, in dem sich zahlreiche Vögel tummeln. Auf die Demut verweisen neben dem bescheidenen Sitz die Rosen als Symbole der Schmerzen Mariens. Die Abgeschlossenheit der Laube verweist auf die Jungfräulichkeit Mariens, die von den Engeln gehaltene Krone kennzeichnet die Gottesmutter als Himmelskönigin. Nicht nur die Darstellung Mariens ist – wie seinerzeit üblich – theologisch aufgeladen, sondern auch die des Kindes: Das weiße Tuch, welches den Gottessohn umwindet, verweist als Leichentuch auf den Tod Christi und kennzeichnet das Kind zugleich als Corpus Christi, den wahren Leib Christi. Damit ist der lebensnah geschilderte Knabe Symbol des Altarsakraments, der Eucharistie.
Die weitreichende Bedeutung Schongauers im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert ist in erster Linie seinen Kupferstichen zu verdanken. Die meisten der 116 bekannten Stiche wurden offenbar in hohen Auflagen gedruckt, waren in ganz Europa verbreitet und prägten nachhaltig die Vorstellung von „deutscher Kunst der Gotik“.
Neben Martin Schongauer war der nach seinem Monogramm „E. S.“ benannte anonyme Meister E. S. der bekannteste und einflussreichste Kupferstecher am Oberrhein, der Region, die im 15. und noch im 16. Jahrhundert eines der wichtigsten Zentren der Druckgrafik war. Meister E.S. war zwischen etwa 1440 und 1467, also früher als Schongauer tätig.
Am Beispiel der Kupferstiche Taufe Christi von Meister E. S. und Martin Schongauer (Abb. 5 und 6) lässt sich unschwer feststellen, dass Schongauers Komposition in sich logischer und konzentrierter ist als die des Meisters E. S. Das Verhältnis der handelnden Personen zur Landschaft bzw. Natur ist ganz unterschiedlich: Während Meister E.S. Natur versatzstückartig einsetzt, bettet Schongauer die Szene in eine Landschaft ein, die auch einem heutigen Betrachter noch einigermaßen plausibel erscheint. Schongauer versteht es darüber hinaus, das Geschehen sinnfällig zu erzählen, während Meister E. S. eine eher „repräsentative“ Darstellung wählte – augenfällig etwa bei der Zuordnung von Johannes dem Täufer und Christus.
Die Frage stellt sich, warum Meister E. S., Martin Schongauer und viele andere Künstler druckgrafische Blätter schufen, wozu also diese Arbeiten nütze waren. Der Kupferstich diente – wie auch der Holzschnitt und andere weniger bekannte Drucktechniken – zunächst vor allem drei Zwecken:
Vor allem Martin Schongauer war es, der den Kupferstich zu einem vollgültigen, autonomen Kunstwerk machte, die Druckgrafik als gleichwertig neben die Malerei stellte und gleichsam eine Schwarzweißmalerei schuf.
Diese völlig neue Qualität druckgrafischer Darstellungen macht die Gegenüberstellung eines Gemäldes und eines Kupferstichs von Martin Schongauer deutlich: Das kleinformatige Bild der Geburt Christi (Abb. 7) schuf Schongauer um 1475/80, den Kupferstich (Abb. 8) aus dem Zyklus des Marienlebens zwischen 1470 und 1475.
Die thematischen Unterschiede – beim Gemälde sitzt Maria als Madonna dell‘ umiltà mit dem Kind auf dem Schoß vor dem Stall, beim Kupferstich betet sie im Stall das auf dem Boden liegende Kind an – haben zwar unterschiedliche Bildanlagen zur Folge. Gemeinsam ist beiden Darstellungen jedoch die Erzähllogik, die kompositorische Stringenz und die Detailgenauigkeit. Farbe wird beim Kupferstich durch feinste Schwarzweißstufen „ersetzt“ – die Lebendigkeit der Steine im Vordergrund erreicht Schongauer allein mithilfe winziger Schraffen und Häkchen sowie gerader und gekurvter Parallel- und Kreuzschraffuren.
Biografische Nachrichten zu Martin Schongauer sind spärlich, so dass bei der zeitlichen Einteilung seiner Werke keine absolute, sondern nur eine relative Chronologie möglich ist. D. h. man kann nur sagen, dass diese Kupferstiche vor jenen entstanden sein müssen, kann aber nicht sagen, sie seien z.B. 1485 hergestellt worden. Spärliche Anhaltspunkte geben Werke anderer Künstler, die nach Kupferstichen Schongauers entstanden sind: Sie geben dann den terminus ante quem für den Stich. Besondere Merkmale einiger Kupferstiche und stilkritische Beobachtungen machen es möglich, Gruppen zu bilden. Danach gliedert sich das druckgrafische Werk des Meisters wie folgt:
Einige wenige Stiche, denen die besondere Form des Monogramms mit steilschenkeligem „M“ gemeinsam ist, gelten als frühe Arbeiten Schongauers und sind in die Jahre 1470 bis gegen 1475 zu datieren. Zu dieser Gruppe gehören zum Beispiel die Große Geburt Christi (Abb. 8 und 8a) und die Peinigung des heiligen Antonius (Abb. 9). Merkmale dieser Gruppe von frühen Stichen sind die detailreiche Erzählfreude und die Vielfigurigkeit der Darstellungen. Beide Charakteristika stechen in ganz unterschiedlicher Weise bei der Peinigung und der Geburt ins Auge:
Während das Hauptaugenmerk des Künstlers bei der Geburt auf die Darstellung von Ruhe und Intimität gerichtet ist, entfaltet er bei der Peinigungsdarstellung seinen ganzen Einfallsreichtum, um das Groteske, Bedrohliche und Dramatische der Szene vor Augen zu führen. Die sinnfällige Darstellung eines derart dramatischen Geschehens in einer Druckgrafik war kurz nach 1470 ganz neu. Insofern nimmt es nicht wunder, dass dieser Stich zu den wirkmächtigsten gehört – dazu später.
Die technischen und gestalterischen Fähigkeiten Schongauers haben dann seine zwölfteilige Folge der Passion Christi um die Mitte der 1470er Jahre zu einem Höhepunkt der noch jungen Disziplin des Kupferstichs werden lassen. Zu diesem Zyklus gehören Christus am Ölberg (Abb. 10 und 10a) und Grablegung Christi (Abb. 11). Hervorzuheben sind das jetzt schrägschenkelige „M“ des Monogramms, die stringente Zuordnung von Geschehen und Architektur, die reiche Gesten- und Gebärdensprache der Figuren, die Reduzierung des Anekdotischen und Konzentration auf das Wesentliche sowie die Perfektionierung der stecherischen Mittel.
In seinen späten, d. h. den zwischen dem Ende der 1470er Jahre und 1486 geschaffenen Stichen beschränkt sich Schongauer unter Verzicht auf detailreiche Schilderung meist auf die Darstellung von Einzelfiguren. Hier ist der Hl. Michael (Abb. 12) als eindrucksvolles Beispiel zu nennen. Der Vergleich mit einem wohl um 1460 entstandenen Holzschnitt des Hl. Michael (Abb. 13) macht den Quantensprung in der Wiedergabe deutlich. Welchen Eindruck muss der Schongauer-Heilige auf Menschen gemacht haben, welche Darstellungen wie die des Holzschnitts gewohnt waren!
Die ebenfalls zu den späten Stichen zählende Madonna im Hof (Abb. 14) darf als Musterbeispiel für ein gestochenes Andachtsbild Schongauers gelten: Die Darstellung scheint einfach, klar und überschaubar, ist aber kompositorisch und inhaltlich sehr anspruchsvoll. Maria ist eine „Kunstfigur“, der Körper dient gleichsam als „Vorwand“ für den Mantel, durch und mit dem das Kind präsentiert wird. Ort der auf dem Boden sitzenden Madonna dell’umiltà ist der Paradiesgarten, in dem neben Maria ein Apfelbaum austreibt – Verweis auf den Neuen Bund sowie auf Maria als Neue Eva und als Mutter dessen, der die Menschen von der Erbsünde erlöst. Der Turm im Hintergrund verweist als porta clausa auf die Jungfräulichkeit Mariens. Die Ruhe und Geschlossenheit der Darstellung basieren auf geometrischen Grundfiguren – einer Mittelsenkrechten und zwei konzentrischen Kreisen, die den Schoß und den Umriss der Maria beschreiben.
Neben religiösen Darstellungen hat Martin Schongauer auch eine ganze Reihe von Blättern mit profanen Themen geschaffen: Der Kupferstich mit dem Weihrauchfass (Abb. 15) dürfte relativ früh entstanden sein, als Schongauer dem Goldschmiedehandwerk noch näherstand als später. Die Form des Monogramms lässt erkennen, dass er nicht zu den frühesten Stichen gehört. Schongauer verzichtet auf die Wiedergabe technischer Details – etwa Grundriss und Schnitte in verschiedenen Ebenen –, sodass diese Darstellung nicht als Muster- oder Vorlageblatt für Goldschmiede dienen konnte. Vielmehr scheint es, als habe Schongauer hier seinen Erfindungsreichtum und seine Meisterschaft in geometrischer Konstruktion zeigen und/oder ein reales Rauchfass darstellen wollen. Außerhalb jeden inhaltlichen Zusammenhangs erhob Schongauer das liturgische Gerät hier zu einem der ersten Stillleben in der Druckgrafik. Jedenfalls erhebt dieses Blatt, nicht zuletzt wegen seiner Größe – es misst 26,5 cm in der Höhe und 20,9 cm in der Breite –, den Anspruch exemplarisch zu sein, d. h. ein „mustergültiges“ Rauchfass wiederzugeben.
Unter Schongauers profanen Blättern finden sich auch zehn Wappenschilde, zu denen das Wappenbild mit Schwan (Abb. 16) gehört. Anders als das Weihrauchfass handelt es sich um einen späten Stich, wie die Einfachheit der Komposition und die stecherischen Mittel erkennen lassen, zu denen besonders die Parallelschraffuren gehören. Die Frage, wozu dieses und die weiteren neun Wappenbilder dienten, ist nicht eindeutig zu beantworten: Wahrscheinlich aber wollte Schongauer „mustergültige“ Vorlagen für Wappenbilder schaffen und verbreiten. Dafür spricht die in ihrer Anlage enthaltene Möglichkeit, sie für Goldschmiedearbeiten, Buch- und Tafelmalereien oder Reliefs zu verwenden.
Kurz nach 1470 waren eigenständige Darstellungen von Bauern und anderen einfachen Leuten noch durchaus ungewöhnlich; das Bauern-Genre als eigenständiger Themenbereich entwickelte sich erst nach 1500 zur vollen Blüte. Schongauer hat jedoch schon einige Blätter der Darstellung einfacher Leute gewidmet.
Der frühe Kupferstich Bauern auf dem Weg zum Markt oder Der Auszug zum Markt (Abb. 17) zeigt im Vordergrund einer kompliziert angelegten, weiten Hügellandschaft ein Bauernpaar mit seinem Kind. Die einfach gekleidete Frau mit Messer, Rosenkranz und großem Ast und das Kind mit kostbarer Sendelbinde reiten, das Pferd wird von dem müde wirkenden und doch zielstrebigen Mann geführt, der ein großes Schwert in beschädigter Scheide unter den Arm geklemmt hat. Das Paar hat Waren bei sich, die zum Verkauf bestimmt sind. Sie haben ihr Dorf mit Kirche, Schenke und Ziehbrunnen verlassen.
Der Schongauer-Stich beschränkt sich nicht auf die bloße Darstellung einer Bauersfamilie; darauf deuten schon der Kontrast zwischen den verwahrlosten Erwachsenen und dem luxuriös gekleideten Kind sowie die erwähnten Attribute – besonders das Schwert – hin.
Zur Deutung dieses Stichs hilft ein wohl oberrheinischer Holzschnitt aus der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts (Abb. 18). Bei aller künstlerischen Andersartigkeit und der ungleich gröberen, populäreren Machart sind die motivischen Übereinstimmungen zwischen dem Holzschnitt und dem Kupferstich so zahlreich, dass es sehr wahrscheinlich ist, Schongauer habe den Holzschnitt gekannt. Dieser trägt oben eine Beschriftung, die besagt, dass es sich bei der Reitenden um die Personifikation der Unrast – der „metz unmuß“ – handelt. Das Motto einer anderen, sehr ähnlichen Darstellung besagt: „Unrast hab‘ ich viel, wenn zum Markt ich will“. Durch die Beschriftung bekommt das Paar, vor allem die Bäuerin, eine negative Bedeutung.
Schongauers Stich ist die bildliche Umsetzung einer langen literarischen Tradition: Seit der Antike gibt es das literarische Genre des Spottes über Bauern, das feste Bestandteile und Typisierungen kennt. Der sogenannte „Marktbauer“ wird charakterisiert als tölpelhaft, roh, hässlich, verwahrlost, rastlos auf Gewinn bedacht und hochmütig, denn er trägt trotz des generellen Verbots ein Schwert, um sich über andere zu erheben. Alle diese Eigenschaften besitzt auch das schongauersche Bauernpaar: Auf seinen Hochmut verweist die luxuriöse Sendelbinde des Kindes, der dürre Ast auf die Vergänglichkeit. Der Stich nimmt also die Lasterhaftigkeit einfacher Leute aufs Korn.
An dieser Stelle lohnt ein kurzer Blick auf die Quellen, aus denen Schongauer schöpfte, auf das was er kannte und rezipierte. Von größter Wichtigkeit ist seine Beschäftigung mit der niederländischen Kunst seiner Zeit. Neben der italienischen galt die niederländische Malerei als führend in Europa. Schongauer machte sich mit ihr in den ausgehenden 1460er Jahren bei seinem Aufenthalt in den Niederlanden vertraut. Dort interessierten ihn besonders Werke von Rogier van der Weyden und Dieric Bouts.
Von Bouts‘ Altargemälde Martyrium des heiligen Hippolyt (Abb. 19), das sich in der Brügger Salvatorkirche befindet, konnte Schongauer die seinerzeit in Mitteleuropa ungewöhnliche Bildorganisation durch ein Wegesystem lernen. Er setzte diese kurz nach seiner Rückkehr aus den Niederlanden unter anderem bei seinem Kupferstich Bauern auf dem Weg zum Markt (Abb. 17) um.
Auch bei Schongauers eindrucksvollen Einzelfiguren lässt sich niederländischer Einfluss feststellen: Vergleicht man etwa seinen Johannes Evangelist (Abb. 20) aus der Apostel-Serie mit Bouts‘ Johannes dem Täufer auf dem linken Altarflügel des „Perle von Brabant“ genannten Altars aus Mecheln (Abb. 21), fallen die Ähnlichkeiten bei der Figurenauffassung, der Gestik und dem Standmotiv auf.
Die Mitteltafel dieses Altars diente neben dem sogenannten Columba-Altar (Abb. 22), den Rogier van der Weydens um 1455 gemalt und den Schongauer während seiner Niederlande-Reise gesehen hat, als Anregung für den Kupferstich Anbetung der Könige (Abb. 23): Übereinstimmungen bestehen vor allem beim Zugweg der Könige und ihres Gefolges, bei der Zuordnung von Personen und Architektur sowie bei der Gestaltung von Madonna und Kind.
Der Vergleich zwischen Schongauers Stich mit dem des Meisters E. S. (Abb. 24) lässt Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen: Unter anderem sind die Anordnung der Könige und der Typus des alten Königs sehr ähnlich, doch ist die Stringenz in der Bildanlage bei Schongauer ungleich größer.
Schongauer hat also – und dies ließe sich durch weitere Gegenüberstellungen erhärten – bei seiner Darstellung sowohl Anregungen von Meister E. S. als auch der niederländischen Malerei verarbeitet und kam dadurch zu einer eigenständigen Lösung.
Eine weitere wichtige Quelle für Schongauer – wie für Künstler des Mittelalters generell – waren Musterblätter und Musterbücher in Form von Handzeichnungen und Druckgrafik.
Zur festen Ausstattung aller Künstlerwerkstätten gehörten gezeichnete Musterblätter und Musterbücher, im 15. Jahrhundert auch druckgrafische Darstellungen (Holzschnitte, Kupferstiche). Jede Künstlerwerkstatt hatte einen Vorrat an gezeichneten Musterblättern, von denen es Unmengen gegeben haben muss, sowie an druckgrafischen Darstellungen. Weil es sich um „Verbrauchsmaterial“ auf einem wenig dauerhaften Träger handelte, hat sich nur ein verschwindend geringer Teil erhalten.
Musterblätter übermitteln ganze Kompositionen oder aber – häufiger – einzelne Motive, die als Vorlagen für Details neuer Kompositionen dienen konnten.
Ein schönes Beispiel ist ein böhmisches Musterbuch, das um 1410/20 entstand und heute im Kunsthistorischen Museum Wien aufbewahrt wird (Abb. 25): Die insgesamt 56 Zeichnungen auf Pergament sind auf miteinander verbundene 9,5 cm hohe und 9 cm breite Holztäfelchen geklebt. So entsteht ein Faltbuch, das in einem Lederbehältnis aufbewahrt wurde und damit transportabel und jederzeit verfügbar war. Der nicht bekannte Künstler stellt Tiere, Fabelwesen, Menschenköpfe sowie Häupter von biblischen Gestalten und von Christus dar. Bei diesen Zeichnungen handelt es sich nicht um autonome, d. h. ihren Zweck in sich selbst tragende Kunstwerke. Vielmehr weisen die Motivauswahl und Typisierung der Darstellungen eindeutig auf die Verwendung als Vorlagen hin.
Vergleicht man den Greifenkopf des Musterbuchs (Abb. 26) mit dem von Schongauer in den 1480er Jahren gestochenen Greif (Abb. 27), dann wird deutlich, dass sich Schongauer für den Kopf seinen Greifs eines Musters wie diesem bedient hat. Damit keine Missverständnisse entstehen: Schongauer kannte das böhmische Musterbuch nicht, wohl aber eine Darstellung, die auf derselben Tradition fußt.
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Wanderung von Bildmotiven schließlich war mündliche die Überlieferung: Handelsreisende, Pilger, Künstler erzählten von dem, was sie anderswo gesehen haben. Dass auf diese Weise keine stilistischen Eigenheiten vermittelt werden konnten, versteht sich von selbst. Wohl aber konnten Bildmotive oder auch andere „Reiseendrücke“, besonders wenn sie neuartig waren, überliefert werden.
Ein Beispiel hierfür ist der Drachenbaum (Dracaena draco L.), der am linken Rand von Schongauers Flucht nach Ägypten wächst (Abb. 28) – die erste Darstellung der in Spanien und auf den Kanarischen Inseln beheimateten Pflanze in der mitteleuropäischen Kunstgeschichte!
Zwar sahen einige Kunsthistoriker in diesem spektakulären, ungewöhnlichen botanischen Motiv ein Indiz für eine Spanienreise Schongauers. Eine solche Reise ist jedoch nicht belegt und in der Biografie des Künstlers nur schwer unterzubringen. Sie ist auch nicht notwendig, denn der Drachenbaum ist botanisch nicht stimmig dargestellt. Die botanischen Ungenauigkeiten machen es wahrscheinlich, dass Schongauer den Drachenbaum nicht aus eigener Anschauung kannte, sondern nach einen mündlichen Bericht und/oder einer gezeichneten Vorlage gearbeitet hat, wie er es vielfach bei Pflanzen und Tieren tat.
Durch seine Kupferstiche wurde Martin Schongauer schon zu Lebzeiten europaweit bekannt. Obwohl größtenteils als autonome Kunstwerke gedacht, wurden die Kupferstiche in Spanien, Frankreich, Polen, Italien und natürlich in Deutschland rezipiert, d. h. als Anregungen genutzt. Die Grafik, ursprünglich dienendes Medium zur Vermittlung, ist nun ihrerseits Vorlage, die Wirkung erzielt und zwar in den Gattungen Malerei, Grafik und Skulptur. Die Wirkung setzte bereits in den 1470er Jahren ein, also zur Hochzeit der Kupferstichproduktion Martin Schongauers. Volle Wirkung erreichten die „Schwarzweißgemälde“ des Meisters seit etwa 1490.
Einer der einflussreichen Stiche ist die Flucht nach Ägypten – nicht nur wegen des Drachenbaums, dessen Darstellung offenbar als sensationell empfunden wurde. Denn innerhalb weniger Jahre entstand in verschiedenen Regionen eine ganze Reihe von Darstellungen dieser Pflanze.
Der Schongauer-Stich wirkte erheblich auf Albrecht Dürers 1503 entstandene Darstellung desselben Themas (Abb. 29), auch wenn dieser in freier Weise mit der Vorlage umging. Die Motive Brücke, Ochs und Wolken mit Engelschar zum Beispiel gibt es bei Schongauer nicht.
Albrecht Dürer gehörte zu den größten Bewunderern Schongauers. Es ist von dem Nürnberger selbst überliefert, dass er sich 1491 nach Breisach aufmachte, um Schongauer persönlich kennenzulernen und die eigenen Fertigkeiten im Kupferstechen zu vervollkommnen. Als er in Breisach ankam, war Schongauer gerade verstorben. Dürer erwarb – wie er berichtet – von den Brüdern des Verstorbenen eine Reihe von Handzeichnungen und Druckgrafiken. Sein Bericht zeugt von der hohen Wertschätzung, die er dem älteren Künstler entgegenbrachte.
Von noch größerer Wirkmächtigkeit war Schongauers Peinigung des heiligen Antonius (Abb. 9), die bis ins 16. Jahrhundert hinein Niederschlag in Grafiken und Gemälden fand.
In diesem Stich erreichte Martin Schongauer einen bis dahin unerreichten Grad der „Leibhaftigkeit“ bei der Darstellung von Dämonen: Nicht nur die organische Stimmigkeit der aus nicht vereinbaren Lebensformen zusammengesetzten Wesen ist neu, sondern auch die komplexe Komposition von ekstatisch agierenden Peinigern und stoisch duldendem Gepeinigten. Schongauer ließ mit diesem Stich frühere Darstellungen – etwa die um 1450/60 von Meister E. S. geschaffenen Kupferstiche der Ars Moriendi (Abb. 30) mit ihren aus menschlichen Elementen und Teilen unterschiedlicher Tiergattungen zusammengesetzten Dämonen – weit hinter sich.
Schongauers Darstellung übte beträchtlichen Einfluss aus: In Deutschland z. B. auf die Grafiken Die Versuchung des hl. Antonius von Lucas Cranach d. Ä. (1506) (Abb. 31) und Ritter, Tod und Teufel von Albrecht Dürer (1513) (Abb. 32) sowie das Gemälde Legende des heiligen Antonius des Meisters der Heiligen Sippe (um 1500) (Abb. 33) und die Peinigungsdarstellungen auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald (1512-1516) (Abb. 34), auf Martin Schaffners Antoniusaltar (1517) (Abb. 35) und dem Antoniusaltar von Niklaus Manuel, gen. Deutsch (1518/1520) (Abb. 36). Die Peinigungsdarstellungen der Flamen Cornelis Cornelisz Kunst (um 1530) (Abb. 37) und Maerten de Vos (1594) (Abb. 38) sind ohne Schongauers Kupferstich nicht denkbar. Auch in Italien ist der Niederschlag dieses Stichs nachweisbar: Die Kopie eines Schongauer-Dämons findet sich in der sonst ganz andersartigen Peinigung des hl. Antonius von Bernardo Parentino (um 1480/90) (Abb. 39). Ascanio Condivi – Schüler und Mitarbeiter Michelangelos – und der Künstlerbiograf Giorgio Vasari berichten, dass der junge Michelangelo als Lehrling bei Domenico Ghirlandaio die Peinigung des „Martino Tedesco“ in einer kolorierten Zeichnung kopiert und als Vorlage für sein erstes, 1487/88 geschaffenes Gemälde gewählt habe (Abb. 40).
Einige vergleichsweise unbekannte norddeutsche Gemälde und Skulpturen und ihr Verhältnis zu den schongauerschen Stichen stehen am Schluss dieses Beitrags:
Die Geburt Christi, die ein niedersächsischer oder westfälischer Maler gegen 1500 geschaffen hat (Abb. 41) und die zum Bestand des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover gehört, enthält durch das in einem Sarkophag liegenden Christkind und die marmorne Biforiensäule deutliche Verweise auf die Passion Christi und damit das göttliche Erlösungswerk. Der Vergleich mit Schongauers Geburt Christi (Abb. 8) zeigt, dass der unbekannte Maler wesentliche Teile seiner Darstellung dem Kupferstich entnommen hat. Hierzu zählen vor allem Maria, Joseph, Ochs und Esel, die rechts oben schwebenden Engel und das Mauerstück links vorne. Deutlich ist aber auch eine versatzstückartige Verwendung von Motiven: Das bei Schongauer zur „Stall“-Architektur gehörende Mauerstück links vorn ist im Gemälde funktionslos, der Zipfel des Marienmantels, auf dem bei Schongauer das Kind liegt, wird zu einem Versatzstück und die bei Schongauer stringente, zum Kind führende und es rahmende Zuordnung von kniendem Hirten, Stock, Marienmantel und Tieren ist im hannoverschen Gemälde wegen des fehlenden Kindes sinnlos geworden. Die auffälligsten Unterschiede sind bei den ruinösen Architekturen zu beobachten: Bei Schongauer findet die Hauptszene unter einem ruinösen gotischen Baldachin statt, der als Symbol der Ärmlichkeit und als Verweis auf die Überwindung des Alten Bundes gedeutet werden kann. Auf dem hannoverschen Bild spielt sich das Geschehen vor der Ruine einer Architektur ab, mit welcher der Palast Davids oder der Tempel Salomons gemeint sein kann. Wichtige Motive des Gemäldes sind nicht in der schongauerschen Vorlage zu finden, vor allem der Sarkophag und die Biforiensäule, also die Verweise auf die Passion Christi.
Eine Geburtsdarstellung theologisch „anzureichern“, ist keine Erfindung des Niedersachsen oder Westfalen, wie das Beispiel des von Rogier van der Weyden um 1455 gemalten Columba-Altars (Abb. 22) zeigt: Der über Maria und Christus hängende Kruzifix ist in Verbindung mit der ruinösen Palastarchitektur als Verweis auf die Ablösung des Alten Bundes durch den Neuen Bund zu interpretieren. Die am unteren Bildrand rechts neben Joseph befindliche Brunnenöffnung weist auf die Geburtshöhle hin.
Im Vergleich zu Schongauer und dessen Bildökonomie ist das hannoversche Gemälde eigenartig altertümlich. Es scheint, als habe sein Maler neben Schongauer ältere Vorlagen benutzt, vielleicht Stiche des Meisters E. S. wie etwa dessen Geburt Christi (Abb. 42).
Das niedersächsisch-westfälische Bild ist ein gutes Beispiel für die selektive Rezeption eines Schongauer-Stichs. Der Künstler ging frei mit dem Vorbild um – er ließ Elemente weg und fügte andere hinzu – und achtete dabei nicht auf die Bildlogik und Bildökonomie des Vorbilds. Der Schongauerstich lieferte versatzstückhaft eingesetzte Einzelmotive.
Ungleich näher an Schongauers Vorlage (Abb. 43) bleibt der sogenannte Meister des Hildesheimer Johannesaltars bei seiner Darstellung des Marientods(Abb. 44) – einer von vier Szenen aus dem Leben der Gottesmutter, die sich auf den Innenseiten zweier um 1525 geschaffenen, heute zum Bestand des hannoverschen Landesmuseums gehörenden Altarflügel befinden.
Beiden Darstellungen sind die Komposition mit schräggestelltem Bett und zahlreiche Details – Vorhänge, Leuchter, Sterbekerze, Stabkreuz, Utensilien für die Letzte Ölung, Knien am Bett – gemeinsam. Ebenso unverkennbar aber sind die Unterschiede: Das Gemälde gibt den Stich seitenverkehrt wieder, die Raumgestaltung ist detailreicher. Im Vordergrund fügt der Maler einen Tisch hinzu, vereinfacht aber den Leuchter. Die Positionen und Physiognomien der Apostel weichen zum Teil ab ebenso wie das Lagern der Maria.
Der Maler dieses Marientods dürfte keinen Stich Schongauers als Vorlage verwendet haben. Gerade der schongauersche Marientod wurde von anderen Künstlern – u. a. von Israel van Meckenem – mit Varianten nachgestochen und weit verbreitet. Es ist gut möglich, dass dem Meister des Hildesheimer Johannesaltars der Stich von Israel van Meckenem (Abb. 45) vorgelegen hat. So dürfte es sich hier wohl um eine Schongauer-Rezeption aus zweiter Hand handeln.
Die Wirkung der Kupferstiche Martin Schongauers erstreckte sich auch auf die Bildhauerei. Zu den frühen Beispielen zählen die Reliefs des um 1485/90 geschaffenen Hauptaltars der Marktkirche in Hannover (Abb. 46). Eigenartigerweise gehen hier ausschließlich die plastischen, nicht aber die gemalten Darstellungen auf den Außenseiten der (ehemals) vier Flügel auf Schongauer-Stiche zurück.
Der Passionszyklus des Altars besteht aus 21 Szenen, während Schongauer nur zwölf Blätter gestochen hat, sodass nicht alle Reliefs auf dem grafischen Zyklus basieren können. Merkwürdigerweise verwendete die hannoversche Bildhauerwerkstatt bei den Szenen Ölberg, Verspottung, Grablegung und Vorhölle nicht die schongauerschen Vorlagen. Der Grund hierfür ist unklar. Möglicherweise standen den Künstlern nicht die alle zwölf Blätter der Schongauer-Passion zur Verfügung. Denn der Zyklus wurde nicht nur en bloc, sondern auch in Einzelblättern verbreitet.
Bei der Gegenüberstellung von Relief und grafischer Vorlage lässt sich feststellen, dass die Bildhauer zumeist vereinfachten: Dies betrifft in erster Linie die Architektur, die bei Schongauers Kompositionen eine wichtige ordnende Rolle spielt. Die wortgetreue Übernahme in die Reliefs hätte jedoch zu Überfüllung und Unordnung geführt. Sodann übernahmen die Schnitzer zumeist nicht alle Figuren – bisweilen mit dem Ergebnis, dass Gesten, die bei Schongauer in einem größeren Kontext stehen, in den Reliefs isoliert und z.T. deplatziert erscheinen. Andererseits rezipieren die Künstler durchweg besonders auffällige Motive und Gesten. Die Beispiele der Handwaschung des Pilatus (Abb. 47 und 48) und der Auferstehung Christi (Abb. 49 und 50) machen den Umgang der Schnitzer mit den Schongauer-Stichen anschaulich.
Martin Schongauer war ein Künstler von europäischem Rang. Er entwickelte den Kupferstich zu einem vollwertigen künstlerischen Medium mit eigenständiger Formsprache und nahm mit seinen Blättern einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf die Bildkünste, der sich weit über Süddeutschland hinaus bis in die Niederlande, nach Spanien, Frankreich und Italien erstreckte. Die unterschiedlichen Konzepte, die in seinen Kupferstichen und Gemälden fassbar werden, offenbaren ihn als einen ganz bewusst seine Mittel wählenden Künstler.
Der Künstler scheint sich seiner Bedeutung bewusst gewesen zu sein und hat mit der stets gleichen Verwendung des Monogramms auf seinen Kupferstichen eines der frühesten Markenzeichen der Kunstgeschichte entwickelt (Abb. 8a und 10a). Und dieses Monogramm hat die Erinnerung an seinen Namen im Gegensatz zu den meisten deutschen Künstlern seiner Zeit über die Jahrhunderte hinweg aufrechterhalten.
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